PG Vorspessart
Bischofsvisitation – Mit einem Pontifikalamt in der St. Laurentius-Kirche Grünmorsbach und anschließender Begegnung im Bürgerhaus ist am Samstagvormittag, 20.02.2016 die Bischofsvisitation im Dekanat Aschaffenburg-Ost eröffnet worden. Mitglieder der Seelsorgekonferenz und des Dekanatsrates brachten aktuelle Themen zur Sprache.

Bei eisigem Regen und Sturm hatten Bischof Friedhelm Hofmann und Weihbischof Ulrich Boom trotz zweier Straßensperren den Weg in den kleinen Ort Dörrmorsbach gefunden. „Es ist schön, den Winter im herrlichen Spessart zu sehen“, sagte Bischof Friedhelm und begrüßte auch im Namen des Weihbischofs die anwesenden Priester, Diakone, hauptamtliche Mitarbeiter/innen und Dekanatsräte. „Beten wir um einen vertrauensvollen Umgang miteinander und viele gute Begegnungen, damit die kommenden zwei Wochen zum Segen werden – für das Dekanat und das ganze Bistum!“

Der Begriff Visitation (von lat. visitatio – Besuch) bedeute keine Kontrolle, sondern wolle Hilfestellung geben, den Glauben neu zu entdecken und die Freude am Glauben zu stärken, stellte der Bischof klar. Die Gesellschaft drifte immer weiter vom Glauben ab, dabei habe sie stets ein Auge darauf, wie wir uns als Kirche darstellen. Das Misstrauen vieler Kritiker sei groß, doch ließen diese sich auch oftmals von Menschen überzeugen, die die Liebe Gottes in barmherziger Grundhaltung leben und positiv auf andere ausstrahlen.

 vergrößernPontifikalamt zur Eröffnung der Bischofs-Visitation am 20.02.2016 in St. Laurentius Dörrmorsbach mit Bischof Dr. Friedhelm Hofmann und Weihbischof Ulrich Boom: Predigt von Bischof Hofmann: "Wir freuen uns auf viele Begegnungen." Martin Mahlmeister

Mit Blick auf das Heilige Jahr der Barmherzigkeit erklärte Bischof Hofmann, Barmherzigkeit blende Recht und Gesetz nicht aus, sie lasse vielmehr deren „inneren Geist“ zum Vorschein kommen. „Nächstenliebe ist der Herzschlag der Kirche. Im Neuen Testament wird das Volk Gottes dazu aufgerufen, sogar seine Feinde zu lieben. Das ist ein sehr hoher Anspruch. Gott wird uns in dem Maße verzeihen, wie wir anderen verzeihen. Wir sind alle keine Heiligen und haben Fehler, doch im Schuldbekenntnis bekommen wir die Möglichkeit, unser Herz zu reinigen.“

Die Heilige Messe zelebrierten die Bischöfe zusammen mit Dekan Erich Sauer aus Haibach, der ihnen zu Beginn ein herzliches Willkommen aussprach und dem stellvertretenden Dekan Dr. Alfred Bauer aus Goldbach, sowie Diakon Franz Gentil. Die Orgel spielte Regionalkantor Peter Schäfer.

In seiner Predigt berichtete Bischof Friedhelm von zurückliegenden kirchlichen Ereignissen, z.B. dem eucharistischen Weltkongress auf den Philippinen, der Bischofskonferenz, die sich mit Fragen der Ethik beschäftigte, der Begegnung mit dem brasilianischen Bischof Kräutler anlässlich der Misereor-Fastenaktion. „Wir dürfen keinesfalls in innerkirchlichem Geplänkel verharren, sondern müssen offen bleiben für die drängenden Fragen der Zeit!“ mahnte der Bischof und ging auch auf die derzeitige Flüchtlingsproblematik ein. Er sei froh über die große Hilfsbereitschaft im Bistum. „Wir brauchen uns davon nicht aufreiben lassen, wichtig ist, dass wir nicht müde werden: Die Hilfe, die wir anderen gewähren, reinigt uns innerlich und lässt uns die Nähe zu Gott spüren.“

 vergrößernVisitationseröffnung am 20.02.2016: Begegnung mit Mitgliedern der Seelsorgekonferenz und des Dekanatsrates im Bürgerhaus Grünmorsbach Martin Mahlmeister

Dass Jugendliche immer weniger Zugang zu Gott fänden, bereite ihm Sorge. Die „Erstverkündigung in den Familien“ falle oftmals weg. Neue Wege müssten beschritten werden, ein allgemeingültiges Rezept dafür gebe es nicht. „Durch Gebet, Bibelstudium und Mitfeier der Messe können wir unsere Freundschaft mit Christus stärken, im Glauben wachsen und Halt für unser Leben finden. Dann bekommen wir die innere Gewissheit, dass der Auferstandene bei uns ist, bis ans Ende der Zeiten.“ Die Menschen heute würden „nach Antworten schreien“, die wir als Kircheaus dem Glauben  zu geben vermögen. Das Evangelium könne durch überzeugte Christinnen und Christen seine Strahlkraft entfalten.

Die anschließende Begegnung im Bürgerhaus Dörrmorsbach war geprägt von einem vertrauensvollen, herzlichen Umgang . Das Gespräch solle nicht „im Gegenüber“, sondern „im Miteinander“ stattfinden, betonte der Bischof. Dabei ginge es um Ermutigung „in beide Richtungen“: Die Bischöfe ermutigten die vielen Ehrenamtlichen: „Sie sind ein Segen“, wünschten sich aber zugleich auch eine Ermutigung der Menschen vor Ort für ihre eigene Arbeit.

Dekanatsratsvorsitzender Martin Fleckenstein (Jakobsthal) begrüßte den Besuch aus Würzburg und wünschte sich viele gute Gespräche und Begegnungen.

 vergrößernVisitationseröffnung am 20.02.2016: Begegnung mit Mitgliedern der Seelsorgekonferenz und des Dekanatsrates im Bürgerhaus Grünmorsbach: Bischof Dr. Friedhelm Hofmann begrüßt die Teilnehmer/innen: "Als Christen haben wir der Welt viel zu geben!" Martin Mahlmeister

Burkard Vogt, Bildungsreferent im Martinushaus, stellte in einem selbst produzierten Film das Dekanat Aschaffenburg Ost vor. Auf kurzweilige, humorvolle Art erhielten die Anwesenden eine Fülle von Informationen über geografische Besonderheiten, geschichtliche Entwicklung, Bevölkerungsstruktur und kirchliches Leben der Pfarreien, die sich zum großen Teil im Spessart, Vorspessart und auch im sog. „Speckgürtel Aschaffenburgs“ befinden. Die Bischöfe hatten sichtlich Freude daran und erhielten als kleines Souvenir je einen „Spessarträuber – Halbbitterlikör“.

In der Diskussion kamen in den folgenden eineinhalb Stunden drängende Fragen, Sorgen und Probleme zur Sprache, sowohl das Dekanat, aber auch die Kirche im Bistum und ganz Deutschland betreffend. Priester, Hauptamtliche und Dekanatsräte meldeten sich zu verschiedenen Themen zu Wort:

 vergrößernVisitationseröffnung am 20.02.2016: Begegnung mit Mitgliedern der Seelsorgekonferenz und des Dekanatsrates im Bürgerhaus Grünmorsbach: Wortbeitrag von Pfarrer Robert Sauer, Hösbach Martin Mahlmeister

Wie können wir Kinder und Jugendliche mit der frohen Botschaft in Kontakt bringen? Vermittelt der Lehrplan Religion in der Schule noch genügend Grundwissen zu unserem katholischen Glauben? Ist die Kirche in den Schulen genügend präsent (Schulpastoral)? Wie kann zeitgemäße Kommunionkatechese aussehen? Werden unsere Seniorenkreise gut weiter bestehen?
Wie könnten Pfarrer entlastet werden, die sich zunehmend mit Verwaltungsaufgaben und größeren Pfarreiengemeinschaften konfrontiert sehen, obwohl sie sich vorrangig um die Seelsorge kümmern wollen? Wie geht die Kirche mit Lebensbrüchen um? Wie ist der Glaubensverlust in der Gesellschaft aufzuhalten? Wie können wir in der Kirche zu einer verständlichen Sprache finden? Wie kann Kirche in den neuen Medien noch besser präsent werden? Wie begegnen wir Veränderungen der Gesellschaft durch die Zuwanderung von Flüchtlingen? Welche Strukturen in der Kirche sollen aufrechterhalten werden, von welchen müssen wir uns verabschieden? Wie kann die Arbeit der kirchlichen Gremien an Substanz und Profil gewinnen? Wie begegnen wir der Abnahme von ehrenamtlich Engagierten in den Gemeinden?

Wohltuend war, dass die Bischöfe zunächst Wert aufs Zuhören legten und den Gesprächsteilnehmern das Gefühl gaben, ernst genommen zu werden. Weihbischof Boom plädierte dafür, zu einer neuen Grundhaltung zu kommen: „Gott ist auch in unseren Fragen gegenwärtig. Wir sollten nicht in Strukturen aufgehen, sondern Zeugnis geben in der Welt. Auch ohne fertige Antworten können wir uns immer im Glauben gegenseitig bestärken. Bevor wir ankommen, ist Gott bereits da.“

 vergrößernVisitationseröffnung am 20.02.2016: Dekanatsratsvorsitzender Martin Fleckenstein begrüßt die Teilnehmer/innen. Martin Mahlmeister

In den nächsten zwei Wochen werden die Bischöfe die Gemeinden in den 8 Pfarreiengemeinschaften und einer Einzelpfarrei mit insgesamt 42986 Katholiken besuchen und mit vielen Haupt- und Ehrenamtlichen und interessierten Mitchristen ins Gespräch kommen und Kontakte vertiefen. Dabei wollen sie mit ihnen sowohl das Spezifische des Dekanates erfassen, aber auch überpfarrliche Fragen bearbeiten.
„Visitationen sind ein Segen“, bekräftigte Bischof Hofmann. „Und das liegt an Ihnen", lobte er die Anwesenden. "Sie bringen ihren Sachverstand ein. Das ist ein hohes Gut, das wir dringend brauchen. Bewahren Sie sich Ihr inneres Feuer.“

Er dankte allen, die diese Begegnung in Dörrmorsbach organisiert hatten, insbesondere den fleißigen Helferinnen für die Bereitstellung der Getränke und Häppchen. Wer wollte, konnte noch mit den Bischöfen einige persönliche Worte wechseln.

Susanne Mahlmeister, Schriftführerin im Dekanatsrat AB-Ost

 

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