Alle zwei Jahre bringt das Hilfswerk MISEREOR ein sogenanntes Hungertuch heraus. Es lädt während der Fastenzeit dazu ein, sich mit existentiellen Fragen zu befassen. Auch in den Kirchen unserer Pfarreiengemeinschaft wird es zu sehen sein und zu diversen Gottesdiensten eingesetzt werden.
Seit Donnerstag, dem 7. März ist es in der Sailaufer St. Vitus Kirche aufgestellt. Dazu findet der interessierte Betrachter eine kleine Lesehilfe und einen Meditationstext, den Misereor herausgegeben hat.
Titel des Bildes ist „Mensch, wo bist du?“
Die Frage Gottes fordert uns heraus: Wo stehst du und wofür stehst du auf? Wer bist du? Eine Standortbestimmung. Eine Neuausrichtung. Eine Frage, die in den Kern der Verantwortung eines jeden Menschen zielt.
Der Künstler Uwe Appold hat mit Erde aus Jerusalem gearbeitet, die den goldenen Ring und das „gemeinsame Haus“ mit der offenen Tür trägt: Im Zentrum steht die Zusage Gottes, dass seine Liebe besonders die Ausgegrenzten mitten hinein holt.
Der Künstler
vergrößernMisereor Hungertuch 2019 / 2020 des Künstlers Uwe Appold. "Mensch, wo bist du? Misereor"Wer die Frage ‚Mensch, wo bist du?‘ ernst nimmt, wird zugleich in sich selbst hineinhören. Was mache ich gegen die Zerstörung der Schöpfung, die Ungerechtigkeit und die soziale Not? Wo stehe ich in diesem einen, gemeinsamen Haus?"
UWE APPOLD
Der Künstler Uwe Appold aus Flensburg gestaltete das 22.MISEREOR-Hungertuch. © Dieter Härtl/MISEREOR
Uwe Appold, geboren 1942 in Wilhelmshaven, ist Designer, Bildhauer und Maler. Bis 2006 hatte er einen Lehrauftrag an der Werkkunstschule Flensburg und in Hangzhou/China. Er gestaltete zahlreiche öffentliche Plätze, Schulen, Gebäude, Kirchen und Industriearchitektur in Schleswig-Holstein und darüber hinaus. Seit 1962 stellt er regelmäßig im In- und Ausland aus, darunter auch bei der UNO in Genf und an Kirchentagen.
Uwe Appold setzt sich in seinen Bilderzyklen mit den existenziellen Erfahrungen des Menschen auseinander und spannt den Bogen seiner Themen von der Antike bis in die Gegenwart. Uwe Appold lebt in Flensburg. Weitere Informationen: uwe-appold.de
Kleine Lesehilfe zu, Misereor Hungertuch 2019 / 2020
„Mensch, wo bist du?“
Leuchtendes Blau, rissige Erde, rot umrandete Steine, ein leuchtend-goldener Ring, geheimnisvolle Schriftzeichen, Kreuze und eine rot-blau bekleidete Figur. Die Symbolsprache des Künstlers Uwe Appold fordert uns zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem Bild auf: „Ich erwarte nicht, dass die Betrachtenden alles nachvollziehen, was ich hineingesteckt habe. Ich wünsche mir, dass die Menschen ihre eigenen Geschichten einbringen in das, was ich gemalt habe.“
DAS BLAU
Das tiefe und leuchtende Blau steht für das lebensnotwendige Wasser und den unendlichen Himmel. In der christlichen Symbolsprache ist es die Farbe des Glaubens, der Zuverlässigkeit und der Treue. Maria als Mittlerin und Himmelskönigin wird oft mit blauem Mantel dargestellt: Blau verbindet Erde und Himmel.
DAS ROT
Rot steht symbolisch für die Liebe und das Leiden. Gleichzeitig ist es die Farbe des Heiligen Geistes (Pfingsten).
DIE ERDE
Die Erde stammt aus dem Garten Gethsemane in Jerusalem, dem Garten, in dem Jesus verhaftet worden ist. Erde trägt diese Vergangenheit in sich und lässt aber auch Neues wachsen. Diese Erde erinnert daran, dass unser Planet Heimat aller Geschöpfe ist und uns als Lebensraum anvertraut ist.
DIE STEINE
Die Steine waren in der Erde aus Jerusalem enthalten. 12 Steine als Zeichen für die 12 Apostel, die 12 Stämme Israels, die das Land bebauten und die 12 Monate wurden in das Bild hineingesetzt als „Stolpersteine“, an denen wir uns reiben und Entscheidungen reifen lassen können.
DER RING
Der Ring als Symbol des Himmels und der Unendlichkeit enthält in sich Anfang und Ende. Er symbolisiert hier Gottes unbedingte Zusage seiner Liebe, die allen Menschen und in besonderer Weise den Ausgegrenzten gilt. Gold ist der wertvollste Grundstoff und drückt Gottes Herrlichkeit aus.
DAS HAUS
Unser „gemeinsames Haus“ im Zentrum ruht geborgen in der Liebe Gottes. Es ist unfertig als Zeichen dafür, dass wir alle daran bauen und Lösungen für die derzeitigen Krisen finden müssen. Das Haus ist aus Erde vom Garten Gethsemane geformt.
DIE SCHRIFT
Ins Blau hat der Künstler geheimnisvolle Schriftzeichen gesetzt, die wir entschlüsseln können. Sie sind eingerahmt von einem roten Kreuz und den griechischen Anfangsbuchstaben für Jesus Christus: IX. Das Unendlichkeitszeichen ist zur 8 aufgestellt: Gott hat uns als aufrechte Menschen geschaffen, die Verantwortung übernehmen.
DIE FIGUR
Die Figur, Mann oder Frau, ist bekleidet in rot-blaues Textil und nicht mehr nackt wie im Paradies. Sie hat Kontakt zur Erde und öffnet die Arme zum Himmel. So überschreitet sie die Grenzen des Bildes. Die geschwungene Edelstahl-Stange mit eingekerbtem Christus-Zeichen hat die Form einer offenen Schale: der Mensch nimmt Gottes Wort auf und trägt es weiter. In der Zusage der Liebe Gottes wird sein Schatten hell.
Dr. Claudia Kolletzki, MISEREOR