In der Eichenberger Krippe vermischen sich orientalische (Könige, Heilige Familie) und neuzeitliche Darstellungen (Hirten, Kinder). Im Unterschied zu den häufig zu erwerbenden - zwar aus Holz, aber meist maschinell gefertigten Krippenfiguren - ist jede Figur der Eichenberger Krippe vom Künstler Dieter Robert Frank aus Milz in der thüringischen Rhön in aufwändiger Handarbeit aus Holz herausgearbeitet und farblich gestaltet worden, also keine Massenware.
Jeder Betrachter wird wohl Figuren finden, die ihn besonders ansprechen und die für ihn eine besondere Aussagekraft, einen besonderen Charakter haben. Drei Figuren bzw. Figurengruppen wollen wir einmal näher betrachten:
vergrößernKinder an der Krippe in EichenbergMartin Mahlmeister
An was wird wohl der Künstler gedacht haben, als er die beiden Kinder mit der Wiege in den Händen tragend entworfen und geschnitzt hat? Es ist für mich immer wieder anrührend, die beiden anzuschauen. Kinder bringen dem neugeborenen Jesuskind eine Wiege, weil es in einem Futtertrog auf Stroh und Heu liegen muss. „Dagegen muss man doch etwas tun. Oben auf dem Speicher steht noch unsere alte Wiege, die brauchen wir doch nicht mehr. Komm, Bruder, wir bringen sie dem Neugeborenen.“ könnten sie zueinander gesagt haben. Vielleicht haben sie ihre Eltern gar nicht gefragt, ob sie die Wiege nehmen dürfen. Entschlossen geht der Ältere voran. Sein kleiner Bruder kann kaum über die Wiege schauen, sieht den Weg nicht, schleppt nur, will tragen helfen. Schwer wird sie wohl sein und der Weg so weit zum Stall und es ist schon dunkel und kalt. An der Krippe angekommen, erzählen sie sicherlich dem Jesuskind, was sie bewegt hat: „Wir sind nicht reich. Mit Geld kannst du noch nichts anfangen und für eine Brotzeit bist du noch zu klein. Also sollst du wenigstens schön liegen, deshalb bringen wir dir unsere Wiege. Es ist nicht viel, aber es kommt von Herzen.“
vergrößernEichenberger Krippe: Mutter mit Kind Martin MahlmeisterDie Mutter, die ihre kleine Tochter an der Hand nimmt, erinnert mich immer an die Schutzengeldarstellungen. Wie der Schutzengel den Lebensweg zeigen will und ein Begleiter ist, so zeigt die Mutter ihrem Kind den Weg und ist erste Begleiterin auf dem Lebensweg. An die Eltern, an meine Eltern denke ich, wenn ich diese Figur anschaue. Wie oft haben sie mich an der Hand genommen und geführt, darauf achtgegeben, dass ich nicht falle und mir den Weg gezeigt. Fragend wendet sich die Tochter an ihre Mutter: „Wohin geht der Weg?“ Und sie antwortet: „Komm, lass uns gemeinsam zur Krippe gehen, zum Neugeborenen.“
Kinder führen, sie an der Hand nehmen und sie begleiten: anstrengend, aber doch auch eine Freude! Wie Schutzengel können Eltern sein, treue Wegbegleiter für die Kinder. Sie nehmen ihre Kinder an die Hand, um sie ins Leben und zum Glauben zu führen. Manchmal ein harter Job, eine Herausforderung, eine Geduldsprobe, durch nichts zu bezahlen. Aber sind ein Kinderlächeln und strahlende Kinderaugen nicht oftmals Bezahlung genug, die mit Geld nicht aufzuwiegen sind?
Keiner kommt mit leeren Händen. Die drei Kinder bringen Spielsachen für das Neugeborene und einen Apfel, weil auf die Schnelle nichts Passendes gefunden worden ist. Das Mädchen bringt seine Puppe, der Junge sein Holzpferdchen, vielleicht sind es ihre Lieblingsspielsachen, vielleicht ist es das Einzige, das sie haben. Sicher ist aber, dass sie sich freuen über das Neugeborene und dass es ihnen wichtig ist, nicht mit leeren Händen zu kommen, auch wenn sie erstaunt und schüchtern schauen.
Immer wenn ich mir diese Kinderdarstellungen anschaue, wünsche ich unseren Kindern, dass sie sich noch freuen können am Einfachen. Ich wünsche ihnen, dass sie Freude empfinden am Wenigen und am Kleinen. Ich wünsche ihnen, dass sie teilen können und dass sie Zeit finden und Freude daran haben, immer wieder auf die Krippe zu schauen, um zu erkennen, dass dieses kleine Kind in der Krippe - trotz aller Geschenke unterm Weihnachtsbaum - etwas ganz Großes und das eigentlich Wichtige an Weihnachten ist.
(Uwe Schüller, Pfarrer)