Josef sitzt im Gefängnis. Es ist nicht irgendein Gefängnis. Es ist das Gefängnis für die Gefangenen des Königs. Es sind Menschen, die am Hof des Pharaos gedient haben. Vielleicht haben einige sich von dem genommen, was dem Pharao gehört, sich zu Unrecht bereichert. Vielleicht sind andere durch Verrat schuldig geworden. Unter den Gefangenen sind aber auch Menschen ohne Schuld, Leute die zu Unrecht verurteilt wurden. Josef ist einer von ihnen. Ja, es ist schwer gerade wenn man vorher so hoch oben war, so tief gefallen zu sein. Aber Gott ist mit Josef, gerade hier im Gefängnis. Der Gefängniswärter merkt bald, Josef ist ein besonderer. Er kann Streit schlichten. Er verteilt das Essen gerecht. Er weiß Kranke zu verarzten. Viele hören Josef zu. Er kann trösten und Mut machen. Josef ist für die Gefangenen ein Segen. Er bringt so etwas wie Licht an diesem trostlosen Ort. So gewinnt der Wärter Vertrauen zu Josef. Er übergibt ihm die Schlüssel für alle Räume. Josef, der selbst gefangen ist, soll für die anderen Gefangenen sorgen.
vergrößernKinderkirche Feldkahl am 14. 07. 2013 Claudia HainEines Tages geschieht es, dass zwei hohe Beamte des Pharaos in das Gefängnis geworfen werden: der eine ist der Obermundschenk, der dem Pharao immer den Trinkbecher reicht; der andere ist der oberste Bäcker, der für die Backwaren am Tisch des Königs sorgt, vom Brot bis zu den feinsten Süßigkeiten. Der Pharao war über sie zornig geworden, hatte sie von heute auf morgen ins Gefängnis werfen lassen. Josef sorgt auch für sie und gewinnt bald ihr Vertrauen. Eines Nachts haben die beiden, der Obermundschenk und Oberbäcker einen Traum, der sie nicht mehr in Ruhe lässt. Sie gehen zu Josef und fragen ihn: „Verstehst du etwas von Träumen? Kannst du sie deuten?“ Josef weiß, dass in Träumen Gott zu den Menschen spricht. So antwortet er den beiden: „Erzählt mir, was ihr geträumt habt! Vielleicht kann ich euch sagen, was Gott damit meint.“
„Mir träumte, ich sehe einen Weinstock vor mir. Am Weinstock waren drei Triebe – und gleich waren Blüten da und gleich wuchsen Trauben und sie waren schon reif. Ich aber hielt den Becher des Pharaos in der Hand. Ich nahm die Beeren und zerdrückte sie in den Becher und gab den Saft dem König.“ Josef hört in dem Traum helle Töne. Er sagt: „Das ist die Bedeutung: Die drei Triebe sind drei Tage. In drei Tagen wird dich der Pharao wieder in dein Amt einsetzten. Du wirst wieder Mundschenk und darfst ihm beim Festmahl den Becher reichen.“ „Wenn das geschieht und dir es wieder gut geht, dann denke an mich. Sprich mit dem Pharao, dass auch ich wieder hier herauskomme.“
Als der Oberbäcker hört, wie gut Josef den Traum deutet, erzählt auch er:
„Mir hat geträumt, ich trage drei Körbe voll feinstem Brot auf dem Kopf. Im obersten Korb war allerlei besonderes Backwerk für den Pharao. Aber da kamen Vögel und fraßen den ganzen Korb auf meinem Kopf leer.“ Josef hört in diesem Traum Dunkles, Bedrohliches. Er deutet so: „Die drei Körbe sind drei Tage. In drei Tagen wirst du aus dem Gefängnis geholt werden. Aber du wirst zu Tode verurteilt und wirst sterben.“ Jetzt hatten beide erfahren, was der Pharao mit ihnen vor hatte. Dem einen wurde die Gefängnistür geöffnet als Türe in den Tod; dem anderen öffnete sich das Gefängnis in die Freiheit und ins Leben. Denn es geschah, wie Josef gedeutet hatte. Der Mundschenk wurde wieder in sein Amt eingesetzt. Doch zu Ehren gekommen, hatte er Josef vergessen. Hat auch Gott Josef vergessen? Wann wird sich für Josef das Tor öffnen? Josef vertraut auf Gott. Er weiß, Gott verlässt mich nicht. Es wird der Tag kommen, wo ich frei sein werde.
Am Ende der Geschichte durften alle Kinder ihren Traum legen.
Claudia Hain